31 Und er wird seine Engel aussenden mit starkem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten versammeln von den vier Winden her, von [dem] einen Ende [der] Himmel bis zu ihrem anderen Ende. 32 Von dem Feigenbaum aber lernt das Gleichnis: Wenn sein Zweig schon weich wird und die Blätter hervortreibt, [so] erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. 33 Ebenso auch ihr, wenn ihr dies alles seht, [so] erkennt, dass es nahe an [der] Tür ist. 34 Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschehen ist. 35 Der Himmel und die Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehen.
36 Von jenem Tag aber und jener Stunde weiß niemand, auch nicht die Engel der Himmel, sondern der Vater allein. 37 Denn wie die Tage Noahs [waren], so wird die Ankunft des Sohnes des Menschen sein. 38 Denn wie sie in jenen Tagen vor der Flut waren: Sie aßen und tranken, sie heirateten und verheirateten – bis zu dem Tag, als Noah in die Arche ging 39 und sie es nicht erkannten –, bis die Flut kam und alle wegraffte, so wird auch die Ankunft des Sohnes des Menschen sein.
40 Dann werden zwei auf dem Feld sein, einer wird genommen und einer gelassen; 41 zwei [Frauen] werden am Mühlstein mahlen, eine wird genommen und eine gelassen. 42 Wacht also, denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt.
43 Das aber erkennt: Wenn der Hausherr gewusst hätte, in welcher Wache der Dieb kommen würde, [so] hätte er wohl gewacht und nicht erlaubt, dass sein Haus durchgraben würde. 44 Deshalb auch ihr, seid bereit! Denn in einer Stunde, in der ihr es nicht meint, kommt der Sohn des Menschen.
45 Wer ist nun der treue und kluge Knecht, den sein Herr über sein Gesinde gesetzt hat, ihnen die Nahrung zu geben zur rechten Zeit? 46 Glückselig jener Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, damit beschäftigt finden wird! 47 Wahrlich, ich sage euch, er wird ihn über seine ganze Habe setzen. 48 Wenn aber jener böse Knecht in seinem Herzen sagt: Mein Herr bleibt noch aus, 49 und anfängt, seine Mitknechte zu schlagen, und isst und trinkt mit den Betrunkenen, 50 [so] wird der Herr jenes Knechtes kommen an einem Tag, an dem er es nicht erwartet, und in einer Stunde, die er nicht weiß, 51 und wird ihn entzweischneiden und ihm sein Teil geben mit den Heuchlern: Dort wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.
Engel, Posaunen und das Sammeln der Heiligen
Engel
Das mit Engel übersetzte Wort ist das griechische Wort angelos. Wir verstehen darunter oft direkt die himmlische Wesen, die als Gottes Diener und Boten immer wieder den Menschen erschienen sind. Das Wort angelos bedeutet jedoch einfach Bote und kann auch ebenso übersetzt werden. Es kann dann himmlische Boten, die wir im Deutschen als Engel bezeichnen, aber auch schlichtweg menschliche Boten bezeichnen.
Es gibt zahlreiche Beispiele in der Bibel, in denen Menschen als angelos bezeichnet werden.
Als diese aber hingingen, fing Jesus an, zu den Volksmengen über Johannes zu reden: […] Dieser ist es, von dem geschrieben steht: »Siehe, ich sende meinen Boten vor deinem Angesicht her, der deinen Weg vor dir bereiten wird.«
Als aber die Boten [des] Johannes weggegangen waren, fing er an, zu den Volksmengen über Johannes zu reden: Was seid ihr in die Wüste hinausgegangen zu sehen? Ein Schilfrohr, vom Wind hin und her bewegt?
Es geschah aber, als sich die Tage seiner Aufnahme erfüllten, dass er sein Angesicht feststellte, nach Jerusalem zu gehen. Und er sandte Boten vor seinem Angesicht her; und sie gingen hin und kamen in ein Dorf [der] Samariter, um Vorbereitungen für ihn zu treffen.
Ist aber ebenso nicht auch Rahab, die Hure, aus Werken gerechtfertigt worden, da sie die Boten aufnahm und auf einem anderen Weg hinausließ?
Die letzte Anweisung Jesu an seine Jünger lautete: »Geht nun hin …« (Mt 28,19-20). Diese Aussendung seiner Jünger, um der Welt das Evangelium, die gute Botschaft, zu bringen, hat Jesus vielleicht vor Augen, wenn er in Matthäus 24,30 von seinen Angelos (d.h. Boten) spricht, die er aussendet, um die Auserwählten zu versammeln. Die Boten sollen das Evangelium in der ganzen Welt verkünden und die Menschen zu Jüngern machen und in das Königreich Gottes bringen.
Posaunenschall
Um zu verstehen, was Jesus hier mit dem Posaunenschall meint, müssen wir einen Blick ins Alte Testament werfen. Dort ist mehrmals von Posaunen und deren Schall die Rede. Wir können also davon ausgehen, dass die jüdischen Hörer des ersten Jahrhunderts diese alttestamentlichen Assoziationen im Kopf hatten, wenn Jesus vom Posaunenschall redet.
Es gibt verschiedene Posaunen im Alten Testament, auf die sich Jesus beziehen könnte. Zuerst finden wir das Thema der Posaune im Buch Numeri. Dort befiehlt Gott dem Volk Israel, sich zwei Trompeten (Posaunen) zu machen. Dort wird außerdem definiert, zu welchen Gelegenheiten die Trompeten geblasen werden sollten. Hier finden wir also eine erste Antwort auf die Frage, für was der Posaunenschall steht:
Und der Herr redete zu Mose und sprach: Mache dir zwei Trompeten aus Silber; in getriebener Arbeit sollst du sie machen; und sie sollen dir zur Berufung der Gemeinde und zum Aufbruch der Lager dienen. Und bläst man sie, so soll die ganze Gemeinde sich zu dir versammeln an den Eingang des Zeltes der Zusammenkunft. Und wenn man eine bläst, so sollen die Fürsten sich zu dir versammeln, die Häupter der Tausende Israels. Und blast ihr Lärm, so sollen die Lager aufbrechen, die nach Osten lagern; und blast ihr zum zweiten Mal Lärm, so sollen die Lager aufbrechen, die nach Süden lagern: Zu ihrem Aufbruch sollen sie Lärm blasen. Aber um die Versammlung zu versammeln, sollt ihr blasen und nicht Lärm blasen. […] Und wenn ihr in eurem Land in den Kampf zieht gegen den Bedränger, der euch bedrängt, so sollt ihr mit den Trompeten Lärm blasen; und es wird euer gedacht werden vor dem Herrn, eurem Gott, und ihr werdet gerettet werden von euren Feinden.
Zusammenfassend lassen sich hier drei Themen im Zusammenhang mit dem Posaunenschall finden:
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Das Zusammenrufen der Gemeinde vor dem Zelt der Zusammenkunft.
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Das Aufbruchssignal zum Abbruch des Lagers und zum Weitermarsch.
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Unterstützung im Kampf gegen den Bedränger.
In Jesaja finden wir ein weiteres Mal den Posaunenschall. Dort wird Gottes Volk aus der Knechtschaft zusammengerufen, um den Herrn anzubeten. Die Posaune ist ein Zeichen der Befreiung von Knechtschaft.
Und es wird geschehen an jenem Tag, da wird der Herr [Getreide] ausschlagen von der Strömung des Euphrat bis zum Bach Ägyptens; und ihr werdet zusammengelesen werden, einer nach dem anderen, ihr Kinder Israel. Und es wird geschehen an jenem Tag, da wird in eine große Posaune gestoßen werden, und die Verlorenen im Land Assyrien und die Vertriebenen im Land Ägypten werden kommen und den Herrn anbeten auf dem heiligen Berg in Jerusalem.
Das Jubel- bzw. Erlassjahr wird mit Posaunenschall eingeläutet. Davon lesen wir in Leviticus und auch bei Jesaja.
Und du sollst dir sieben Jahrsabbate zählen, siebenmal sieben Jahre, so dass die Tage von sieben Jahrsabbaten dir 49 Jahre ausmachen. Und du sollst im siebten Monat, am Zehnten des Monats, den Posaunenschall ergehen lassen; am Versöhnungstag sollt ihr die Posaune ergehen lassen durch euer ganzes Land. Und ihr sollt das Jahr des fünfzigsten Jahres heiligen und sollt im Land Freiheit ausrufen für alle seine Bewohner. Ein Jubel[-Jahr] soll es euch sein, und ihr werdet jeder wieder zu seinem Eigentum kommen und jeder zurückkehren zu seinem Geschlecht. Ein Jubel[-Jahr] soll dies, das Jahr des fünfzigsten Jahres, euch sein; ihr sollt nicht säen und seinen Nachwuchs nicht ernten und seine unbeschnittenen Weinstöcke nicht lesen; denn ein Jubel[-Jahr] ist es: Es soll euch heilig sein; vom Feld weg sollt ihr seinen Ertrag essen. In diesem Jubeljahr sollt ihr jeder wieder zu seinem Eigentum kommen.
Der Geist des Herrn, Herrn, ist auf mir, weil der Herr mich gesalbt hat, den Sanftmütigen frohe Botschaft zu bringen, [weil er] mich gesandt hat, die zu verbinden, die zerbrochenen Herzens sind, Freiheit auszurufen den Gefangenen und Öffnung des Kerkers den Gebundenen; auszurufen das Jahr des Wohlgefallens des Herrn und den Tag der Rache unseres Gottes [und] zu trösten alle Trauernden; um den Trauernden Zions aufzusetzen [und] ihnen zu geben Kopfschmuck statt Asche, Freudenöl statt Trauer, ein Ruhmesgewand statt eines verzagten Geistes; damit sie genannt werden „Terebinthen der Gerechtigkeit, eine Pflanzung des Herrn“, zu seiner Verherrlichung.
Jesaja setzt das Jubeljahr in einen messianischen Kontext. Es ist ein Typus für die Gnade Gottes und die vollkommene Erlösung von Sünde und Trauer.
Jesus bezieht das Erlassjahr auf sich, in Ihm erfüllen sich die Worte Jesajas.
Und es wurde ihm [das] Buch des Propheten Jesaja gereicht; und als er das Buch aufgerollt hatte, fand er die Stelle, wo geschrieben war: »[Der] Geist [des] Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, Armen gute Botschaft zu verkündigen; er hat mich gesandt, Gefangenen Befreiung auszurufen und Blinden [das] Augenlicht, Zerschlagene in Freiheit hinzusenden, auszurufen [das] angenehme Jahr [des] Herrn.« Und als er das Buch zugerollt hatte, gab er [es] dem Diener zurück und setzte sich; und die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet. Er fing aber an, zu ihnen zu sagen: Heute ist diese Schrift vor euren Ohren erfüllt.
Jesus hat das Erlassjahr eingeläutet. Er hat seinen Aposteln bei seiner Rückkehr zu seinem Vater die Verbreitung des Evangliums als Mission gegeben und durch die Apostel hat sich das Evangelium weit über Judäa hinaus verbreitet. Aber die Juden haben die Gemeinde stark bedrängt und immer wieder in ihrer Existenz bedroht. Mit der Zerstörung Jerusalems und des Tempels ist dieses Hindernis ausgeräumt. Die Jünger Jesu gehen in alle Welt und die Gemeinde wächst weltweit. Die Völker der Erde werden durch den Posaunenschall des Evangeliums in das Reich Gottes gerufen und gemeinsam beten die Heiligen den lebendigen Gott an. Das Ziel ist, dass alle Nationen der Welt zu einer heiligen Nation von Priestern vor Gott zusammenwachsen.
Das Sammeln der Heiligen
Diese Aussage wird oft als die Entrückung verstanden. Im Gesamtkontext dessen, was Jesus sagt, würde dies aber überhaupt nicht passen. Was sonst kann gemeint sein?
Matthäus spricht von den vier Winden und von der Sammlung der Heiligen von einem Ende der Himmel bis zum anderen. Bei Markus heißt es stattdessen, dass die Heiligen gesammelt werden vom Ende [der] Erde bis zum Ende [des] Himmels (Mk 13,27). Hier geht es um Metaphern für die Ausbreitung des Evangeliums in der ganzen Welt.
Dass Aussagen bezüglich der Enden der Erde und des Himmels als bildhafte Aussagen verstanden werden können, welche die ganze Welt oder alle Teile der Welt meinen, sehen wir an verschiedenen Aussagen im Alten Testament.
Wenn deine Vertriebenen am Ende des Himmels wären, so wird der Herr, dein Gott, dich von dort sammeln und dich von dort holen; und der Herr, dein Gott, wird dich in das Land bringen, das deine Väter besessen haben, und du wirst es besitzen; und er wird dir Gutes tun und dich mehren über deine Väter hinaus.
Hier im 5. Buch Mose meint Gott offensichtich nicht, dass er das Volk Israel aus dem Himmel zurück holt, um sie in das Land ihrer Väter zurück zu bringen. Das Ende des Himmels ist hier doch offensichtlich als ein weit entfernter Ort zu verstehen.
Im Psalm 22 sehen wir eine ähnliche Aussage. Dort spricht der Psalmist von den Enden der Erde, die zu dem Herrn umkehren werden. Gemeint sind hier alle Geschlechter oder Nationen der Erde. Dies wird in der parallelen Aussage in der zweiten Hälfte des Verses deutlich.
Alle Enden der Erde werden sich erinnern und zu dem Herrn umkehren;
und vor dir werden niederfallen alle Geschlechter der Nationen.
Es geht also bei diesen Aussagen hinsichtlich der Sammlung der Heiligen um Mission und Evangelisation. Das auserwählte Volk Gottes wird aus und in allen Teilen der Welt gesammelt. Es geht hier nicht um die Entrückung.
Wenn Matthäus hier davon redet, die Auserwählten [zu] versammeln, verwendet er das griechische Wort episynago. Dieses bedeutet zunächst einmal einfach an einem Ort versammeln. Das Wort ist zusammengesetzt aus den zwei Wörtern epi und synago. Von dem Wort synago ist zum Beispiel auch Synagoge abgeleitet, welches die Versammlung der gläubigen Juden zum Gottesdienst und zur Anbetung bezeichnet.
Mit diesem Wort bzw. diesem Satz kann also die Sammlung der Nachfolger Jesu (der Auserwählten) in Versammlungen zur Anbetung gemeint sein.
Jesus benutzt dasselbe Wort zum Beispiel auch zweimal in Matthäus 23,37. Dort redet er nicht von der Entrückung. Es taucht ein weiteres Mal in Hebräer 10,24-25 auf. Dort bezieht es sich eindeutig auf die Versammlungen der ersten Christen.
Zusammenfassung zu Vers 31
Mit der Zerstörung des Tempels fällt die alte Schöpfung, aber Gott schickt seine Boten mit der Botschaft des Evangeliums zu allen Enden der Erde.
Der Posaunenschall steht im Alten Testament für folgende Bilder: Zusammenrufen des Volkes Gottes vor dem Heiligtum Signal zum Aufbruch Ruf nach Gottes Unterstützung im Kampf gegen den Bedränger Sammeln des Volkes aus der Knechtschaft ** Einläuten des Erlassjahres, Erlösung
Der Posaunenschall ist also eine mehr als angemessene Metapher für die Sendung von Gottes Boten, um die gute Botschaft zu verkünden und alle Nationen zu Jüngern (=Anbetern) zu machen. Die Völker der Erde werden durch den Posaunenschall des Evangeliums in das Reich Gottes gerufen und gemeinsam beten die Heiligen den lebendigen Gott an. Das Ziel ist, dass alle Nationen der Welt zu einer heiligen Nation von Priestern vor Gott zusammenwachsen.
Das Gleichnis vom Feigenbaum
Der Feigenbaum ist eine gleichnishafte Vorführung der Tempelzerstörung.
In dem Gleichnis wird es Sommer (nicht Winter!) und der Feigenbaum treibt Knospen. Sommer ist eine Zeit der Fruchtbarkeit, des Wachstums und der Früchte. Wenn Israel und der alte Bund ausgeräumt sind, kann sich der Neue Bund auf fruchtbarem Boden ungehindert ausbreiten.
Jesus hat neben dem Kommen des Königreiches auch immer wieder das schreckliche Gericht über Jerusalem angedeutet oder angekündigt. Gott hat in seiner Gnade 40 Jahre bis zu diesem Gericht verstreichen lassen. Die Ereignisse bis zur Zerstörung Jerusalems waren derart, dass sie die Nachfolger Christi in Entsetzen und Sorge versetzen konnten. Aber mit dem Gleichnis vom Feigenbaum macht Jesus ihnen Mut: das Gericht über Israel ist gleichzeitig ein Hoffnungsbote.
Himmel und Erde werden vergehen …
He reinforces His words with a strong word - heaven and earth might fold, but His words, never. And everything He said did come to pass within the course of one generation. Far from being an embarrassingly false prediction, this chapter is one of the great means of authenticating Christ as a true prophet of God. Of course, He was much more than this, and so we must bow down and worship Him.
Die Gleichnisse ab Vers 36
Mit Vers 36 beginnt ein neuer Absatz. Ab hier besteht der Rest von Jesu Rede bis zum Ende von Kapitel 25 aus Gleichnissen. Hier gibt es zwei Ansätze, diesen Abschnitt zum ersten Teil der Rede in einen sinnvollen Zusammenhang zu setzen.
Inhaltlicher Bruch
Nach dieser Ansicht startet Vers 36 mit einem dicken, fetten Aber.
Das hier verwendete griechische Wort de steht für eine Antithese, einen Kontrast, einen Übergang zu etwas Neuem und steht damit entweder im Gegensatz zum vorher Gesagtem oder macht eine Unterscheidung. Mit Vers 36 beginnt also eine neue Diskussion, ein Themenwechsel wird offensichtlich. Dies wird unterstützt durch die Tatsache, dass die Ereignisse bis Vers 35 sehr klar beschrieben und eindeutig zu beobachten sind. Die Jesu Jünger sollen wachsam sein, um der kommenden Katastrophe zu entgehen. Dem steht jetzt ein universales Nichtwissen gegenüber. Das Thema, das Jesus jetzt anspricht, kann nicht im Voraus erkannt werden. Außerdem hatten die Ausführungen Jesu bisher einen klar lokalen Bezug und waren zeitlich abgegrenzt. Jetzt wird der Bezug universaler bzw. globaler und Jesus bringt eine neue zeitliche Verortung mit jenem Tag aber und jener Stunde. Ab hier geht es um das Zweite Kommen Christi.
Die Vertreter dieser Ansicht sind der Meinung, dass die Frage der Jünger nach dem Ende des Zeitalters von Jesus hier im Hinblick auf sein Zweites Kommen beantwortet wird.
Inhaltliche Kontinuität
Die andere Gruppe an Auslegern sieht eine inhaltliche Kontinuität. Das Ende des Zeitalters wird dann als das Ende des Alten Bundes, als die Auflösung der Alten Schöpfung und der Beginn des Zeitalters des Neuen Bundes verstanden.
Die Gleichnisse sind dann zunächst einmal und in erster Linie ein Aufruf zur Wachsamkeit. Jesus hat das Gericht über Israel klar vorhergesagt. Er hat seinen Jüngern auch aufgezeigt, woran Sie das Kommen des Gerichts erkennen und wie seine Jünger diesem entgehen können. Nun erfolgt der Aufruf zur Wachsamkeit: »Haltet die Augen offen! Beobachtet die Welt um euch herum und verhaltet euch entsprechend dem, was ich euch mit auf den Weg gegeben habt. Dann müsst ihr meine Rückkehr zum Gericht nicht fürchten.«
Wie es war in den Tagen Noahs
Gerade die zweite Sicht lässt sich gut durch den Vergleich mit den Tagen Noahs gut stützen. Was bedeutet es, genommen bzw. gelassen zu werden? Meistens werden diesen Aussagen als ein Bild für die Entrückung verstanden. Das passt nicht in den natürlichen Gedankenfluss der Rede Jesu wie ich sie bisher ausgelegt habe.
Das Leben zur Zeit Noahs war stinknormal. Es gab keine Katastrophen, keine Große Trübsal oder ähnliches. Gleichermaßen wird das Leben bis zum Gericht (70 n.Chr. oder das Zweite Kommen, je nach Standpunkt) auch ganz normal sein.
Jesus sagt, dass sie es nicht erkannten. Von wem redet er hier? Welche Menschen meint Jesus? Damit sind nicht Noah und seine Familie gemeint, denn diese haben über Jahrzehnte hinweg ein Schiff gebaut und sich vorbereitet! Noah und seine Familie haben erkannt. Jesus redet hier von den Ungerechten, wegen denen Gott das Gericht geschickt hat! Die Ungerechten erkannten nicht, was vor sich ging, und wurden durch die Flut weggerafft. Noah und seine Familie hingegen wurden gerettet, weil sie in die Arche gegangen sind. Sie blieben zurück bzw. übrig. Sie überlebten das Gericht.
So wird das Kommen des Menschensohns sein, sagt Jesus. Deshalb noch einmal die Frage: wer wurde in den Tagen Noahs weggenommen bzw. weggerafft? Die Ungerechten! Wer blieb zurück? Noah und seine Familie!
Wenn Gott richtet, richtet er die Ungerechten und bewahrt und segnet die Gerechten. Die Ungerechten werden zum Gericht weggenommen, die Gerechten aber bleiben zurück und werden bewahrt.
Diese Perspektive ist ein Augenöffner für die Reihenfolge des Vorgehens bei manchen Gleichnissen:
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Weizen und Unkraut (Mt 13,24-30.36-43)
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Gleichnis vom Netz (Mt 13,47-50)
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Psalm 37 (v.a. V9-11.20.22.29.34.38)
Es geht hier also nicht um die Entrückung. Die Aussage ist sogar umgekehrt gemeint als wie sie von den Vertretern der Entrückungslehre verstanden wird:
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Genommen werden bedeutet, ins Gericht zu kommen.
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Bleiben bedeutet, vom Gericht verschont zu werden.
Ich wünsche uns allen, dass wir wachsam und treu sind und dass wir dank der Gnade unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus am Tag des Zorns nicht genommen werden sondern bleiben dürfen.