Jonas Zorn
Und es verdross Jona sehr, und er wurde zornig.
Wäre das Buch Jona mit dem dritten Kapitel beendet, dann hätten wir ein Buch mit einem Happy End. Warum haben wir nun hier diese seltsame Wendung? Warum oder worüber ist Jona so zornig?
Häufige Erklärungen für seinen Zorn sind Selbstsucht, Eitelkeit oder auch gekränkte (Propheten-)Ehre. Er steht jetzt als »falscher Prophet« dar.
Eine weiterer Erklärungsversuch ist Nationalismus. Gottes Botschaft war exklusiv für Israel und dementsprechend soll Jona eine Abneigung gegen Heiden gehabt haben und das Gott ihnen seinen Segen schenkt. Und insbesondere eine Abneigung gegen Ninive, das ein grausames, heidnisches Volk war.
Folgende Probleme sehe ich mit diesen Ansätzen:
Trotz aller Fehler und Probleme war und ist Jona ein wahrer Prophet Gottes. Er ist als solcher mit Gottes Wesen und Plänen vertraut. Das sehen wir auch im nächsten Vers, in dem Jona sagt: »Ich wusste …« (Vers 2)
Außerdem missachten diese Auslegungen den größeren Kontext: den Bund Gottes mit Israel. Diesen Bund finden wir in Deuteronomium; das Buch endet mit dem Segen und Fluch des Bundes:
Und es wird geschehen, wenn alle diese Worte über dich kommen, der Segen und der Fluch, die ich dir vorgelegt habe und du es zu Herzen nimmst unter all den Nationen, wohin der HERR, dein Gott, dich vertrieben hat […]
Gott wird Israel aus dem Land vertreiben und unter die Nationen zerstreuen.
11 Denn dieses Gebot, das ich dir heute gebiete, ist nicht zu wunderbar für dich und ist nicht fern.
12 Es ist nicht im Himmel, dass du sagen könntest: Wer wird für uns in den Himmel steigen und es uns holen und es uns hören lassen, damit wir es tun?
13 Und es ist nicht jenseits des Meeres, dass du sagen könntest: Wer wird für uns jenseits des Meeres hinüberfahren und es uns holen und es uns hören lassen, dass wir es tun?
14 Sondern sehr nahe ist dir das Wort, in deinem Mund und in deinem Herzen, damit du es tust.
15 Siehe, ich habe dir heute das Leben und das Glück, und den Tod und das Unglück vorgelegt, 16 da ich dir heute gebiete, den HERRN, deinen Gott, zu lieben, auf seinen Wegen zu wandeln und seine Gebote und seine Satzungen und seine Rechte zu halten, damit du lebest und dich mehrest und der HERR, dein Gott, dich segne in dem Land, wohin du kommst, um es in Besitz zu nehmen.
17 Wenn aber dein Herz sich abwendet und du nicht gehorchst und du dich verleiten lässt und dich vor anderen Göttern niederbeugst und ihnen dienst, 18 so künde ich euch heute an, dass ihr gewiss umkommen werdet; ihr werdet eure Tage nicht verlängern in dem Land, wohin zu kommen du über den Jordan gehst, um es in Besitz zu nehmen.
19 Ich nehme heute den Himmel und die Erde als Zeugen gegen euch: Das Leben und den Tod habe ich euch vorgelegt, den Segen und den Fluch! So wähle das Leben, damit du lebest, du und deine Nachkommenschaft, 20 indem du den HERRN, deinen Gott, liebst und seiner Stimme gehorchst und ihm anhängst; denn das ist dein Leben und die Länge deiner Tage, dass du in dem Land wohnst, das der HERR deinen Vätern Abraham, Isaak und Jakob geschworen hat, ihnen zu geben.
Auch in dem Abschnitt sehen wir: den Bund zu brechen wird zur Folge haben, dass Israel das Land verlassen muss. In den Versen 18 und 20 heißt es, dass sie ihre »Tage nicht verlängern in dem Land …«
In Moses Lied in Kapitel 32 kommt aber ein weiterer, für Jona sehr wichtiger Aspekt dazu:
15 Da wurde Jeschurun fett und schlug aus; du wurdest fett, dick, feist! Und er verließ Gott, der ihn gemacht hatte, und verachtete den Felsen seiner Rettung. 16 Sie reizten ihn zur Eifersucht durch fremde [Götter], durch Gräuel erbitterten sie ihn. 17 Sie opferten den Dämonen, die nicht Gott sind, Göttern, die sie nicht kannten, neuen, die vor kurzem aufgekommen waren, die eure Väter nicht verehrten. 18 Den Felsen, der dich gezeugt hat, vernachlässigtest du, und vergaßest den Gott, der dich geboren hat. 19 Und der HERR sah es und verwarf [sie] vor Kummer über seine Söhne und seine Töchter. 20 Und er sprach: Ich will mein Angesicht vor ihnen verbergen, will sehen, was ihr Ende sein wird; denn ein Geschlecht voll Verkehrtheit sind sie, Kinder, in denen keine Treue ist. 21 Sie haben mich zur Eifersucht gereizt durch Nicht-Götter, haben mich erbittert durch ihre Nichtigkeiten; so will auch ich sie zur Eifersucht reizen durch ein Nicht-Volk, durch eine törichte Nation will ich sie erbittern. 22 Denn ein Feuer ist entbrannt in meinem Zorn und wird brennen bis in den untersten Scheol, und es wird die Erde und ihren Ertrag verzehren und die Grundfesten der Berge entzünden.
Wenn Israel sich anderen Göttern und Götzen (Nicht-Gott) zuwendet und sich von Gott abwendet, reizen sie Ihn zur Eifersucht. In der Folge wird Gott sich von Israel abwenden und sich einem Nicht-Volk zuwenden. Er wird Israel verlassen und zu den Heiden gehen. Israel soll eifersüchtig werden und dadurch wieder zu Gott kommen. Das Ziel ist nicht die Vernichtung Israels sondern seine Umkehr und das Zurechtbringen. Auch darin sehen wir Gottes Gnade und Liebe.
Jona weiß: Israel lebt seit Generationen in Sünde und verehrt die Götter der Völker um sie herum. Alle Könige des Nordreiches haben die Goldenen Kälber Jerobeams als Heilige Orte und Anbetungsstätten stehen gelassen. Und zum Teil haben sie zusätzlich fremden Götzendienst eingeführt. Israel hat schon lange Gericht verdient. Israel ist reif für das Gericht.
Und nun schickt Gott Jona zu den Heiden. Gott wendet sich den Heiden zu. Er wendet sich zwar mit einer Gerichtsbotschaft an die Heiden, aber Jona war klar: Segen und Fluch gehen Hand in Hand. »Ich wusste, dass du gnädig bist…«
Eine Botschaft an jemanden zu schicken – ob nun Fluch oder Segen --, ist ja an sich schon eine Aussage in sich: »Ich kümmere mich um euch.«
Die Stunde des Gerichts für Israel rückt näher.
Jona hat Mitgefühl mit Israel. Er liebt sein Volk. Er weiß, dass das Gericht gerecht und eine Folge von Israels beständiger Sünde ist. Aber er will das nicht. Er will sein Volk nicht aufgeben. Er will Israel nicht fallen sehen. Ich denke, dass das der Grund für seinen Zorn ist.
Diese Haltung erinnert mich auch an Paulus:
1 Ich sage [die] Wahrheit in Christus, ich lüge nicht, indem mein Gewissen mit mir Zeugnis gibt in [dem] Heiligen Geist, 2 dass ich große Traurigkeit habe und unaufhörlichen Schmerz in meinem Herzen.
3 Denn ich selbst, ich habe gewünscht, durch einen Fluch von dem Christus entfernt zu sein für meine Brüder, meine Verwandten nach [dem] Fleisch, 4 die Israeliten sind, […]
11 Ich sage nun: Sind sie [d.i. Israel] etwa gestrauchelt, damit sie fallen sollten? Das sei ferne! Sondern durch ihren Fall [ist] den Nationen das Heil [geworden], um sie zur Eifersucht zu reizen.
12 Wenn aber ihr Fall [der] Reichtum [der] Welt ist und ihr Verlust [der] Reichtum [der] Nationen, wie viel mehr ihre Vollzahl!
13 Euch aber, den Nationen, sage ich: Insofern ich nun [der] Apostel [der] Nationen bin, ehre ich meinen Dienst, ob ich auf irgendeine Weise [sie, die] mein Fleisch [sind], zur Eifersucht reizen und einige von ihnen erretten möge.
Paulus ist ein neuer, aber größerer Jona. Er ist als Apostel der Nationen berufen. Ihn verbindet außerdem das Mitgefühl und der Schmerz um das eigene Volk mit Jona. Und auch hier sehen wir das Thema Eifersucht.
Jonas Zorn ist Ausdruck des Schmerzes und Leids um Israel.
Jonas Verzweiflung und Todeswunsch
Dem Zorn folgt Verzweiflung und Todessehnsucht:
Und nun, HERR, nimm doch meine Seele von mir; denn es ist besser, dass ich sterbe, als dass ich lebe.
Erinnert euch das nicht an Elia? Nach seinem Triumph auf dem Karmel und einer hoffnungsvollen Begegnung mit Ahab lesen wir folgendes über Elia:
1 Und Ahab berichtete Isebel alles, was Elia getan hatte, und alles, wie er alle Propheten mit dem Schwert getötet hatte.
2 Da sandte Isebel einen Boten zu Elia und ließ [ihm] sagen: So sollen mir die Götter tun und so hinzufügen, wenn ich nicht morgen um diese Zeit dein Leben dem Leben eines von ihnen gleichmache!
3 Und als er das sah, machte er sich auf und ging fort um seines Lebens willen und kam nach Beerseba, das zu Juda gehört; und er ließ seinen Diener dort zurück.
4 Er selbst aber ging in die Wüste, eine Tagereise weit, und kam und setzte sich unter einen Ginsterstrauch. Und er bat, dass er sterben dürfe, und sprach: Es ist genug; nimm nun, HERR, meine Seele, denn ich bin nicht besser als meine Väter.
5 Und er legte sich nieder und schlief unter dem Ginsterstrauch ein. Und siehe da, ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: Steh auf, iss!
Elia hatte den Triumph auf dem Karmel erlebt. Alles sah ganz positiv aus. Aber Isebel bleibt hartherzig. Sie kehrt nicht um sondern macht weiter wie bisher. Da sie die Hosen anhat, ändert sich nichts am Zustand in Israel.
Dies führt zu Elias Frust und Hoffnungslosigkeit. Und außerdem muss auch Elia dem Volk Israel Gericht verkünden, weil sie nicht von ihren Wegen umkehren wollen. Und wie bei Jona, will auch Elia lieber sterben als Israel das Gericht anzukündigen. Trotzdem bekommt er genau diesen Auftrag.
Wir haben hier einen Prototyp für Jona: Lieber sterben als Israel Gericht verkünden zu müssen.
Erinnern wir uns noch einmal, was Paulus in Römer 9 sagt:
2 … dass ich große Traurigkeit habe und unaufhörlichen Schmerz in meinem Herzen. 3 Denn ich selbst, ich habe gewünscht, durch einen Fluch von dem Christus entfernt zu sein für meine Brüder, meine Verwandten nach [dem] Fleisch
Auch Paulus würde gerne an Israels Stelle sterben, zu ihrem Heil, wenn es möglich wäre.
Unsere Herausforderung
Gottes Bund und Plan für Israel war schon lange bekannt und von Ihm angekündigt. Doch Jona lehnt sich dagegen auf. Er will diesen Auftrag mit all seinen Konsequenzen nicht akzeptieren. Erst läuft er weg und am Ende ist er verdrossen und zornig.
Auch Elia hadert zunächst mit Gottes Plan. Er ist erschöpft, verzweifelt, wütend und wünscht sich den Tod. Wie sieht es bei uns aus, wenn wir mit Gottes Plänen konfrontiert werden, die uns nicht gefallen? Können wir in allen Umständen das glauben, was Paulus ebenfalls in Römer sagt:
Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle [Dinge] zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind.
Alle Dinge.
Egal, was passiert: Gottes Wege mit und für uns sind gut. Wir haben ganz sicher meistens nicht die passende Interpretation (nämlich Gottes Perspektive). Wir können uns nur vor Gott beugen und »Ja« zu seinen Wegen sagen.
Gott gibt Jona nicht auf
Das Wunderbare ist: Gott geht diesen Weg mit uns. Wir sind nicht allein.
Und der HERR sprach: Ist es recht, dass du zürnst?
Dieser Vers wird oft als eine rhetorische Frage gelesen, so als ob Jona kritisiert oder zurechtweist. Vielleicht können wir diesen Vers aber auch unter einer anderen Perspektive lesen: Gott geht Jona nach, Er redet mit ihm und gibt ihm die Möglichkeit, sich Gott mitzuteilen: »Jona, schütte mir dein Herz aus!«
Jonas erste Reaktion ist zu schweigen, sich abzuwenden und wegzugehen. Doch Gott lässt nicht ab von Jona. Er schickt ihm erst die Pflanze als Schutz, dann einen Wurm, der die Pflanze sticht und dann einen heißen Wind, der die Pflanze endgültig zerstört. Gott weist seinen Propheten liebevoll zurecht.
Gott lässt auch von nicht Elia ab. Er schenkt ihm einen erholsamen Schlaf. Er versorgt ihn mit Speise und Wasser. Und Er gibt ihm einen Auftrag.
Gott lässt nicht von uns ab. Jonas Lektion ist für uns so offensichtlich, dass wir darüber schmunzeln können. Aber in unserem eigenen Leben ist das für uns selber vielleicht nicht immer so offensichtlich. Ich persönlich möchte lernen, auf die Stimme meines Herrn zu hören und mich vor ihm beugen und sagen: »Ja, deine Wege sind gut!« Und ich muss mit dem Vater des Sohnes mit dem stummen Geist ergänzen: »Ich glaube; hilf meinem Unglauben!« (Mk 9,24)
Gottes Wege sind nicht so eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheint
Jona hadert mit den Plänen Gottes. Er will nicht nach Ninive gehen, da das offensichtlich ein Gerichtszeichen gegen Israel ist. Dabei überblickt er den Plan Gottes nicht völlig. Assyrien ist zwar später auch tatsächlich die Großmacht, die das Gericht über Israel bringt. Aber Gottes Plan ist größer als nur dieser Aspekt:
Erstens Bis zu diesem Zeitpunkt vergehen noch 50 Jahre. Das ist mehr als eine Generation. Gott will Israel zur Eifersucht reizen: Es ist ein Ruf zur Umkehr; es ist Zeit zur Umkehr. Gott ist gnädig und langmütig. Für Jona war das natürlich noch nicht so klar, wie für uns in der Rückschau. Aber auch Jona konnte auf genug Beispiele zurückblicken, die Gottes Langmut und die damit verbundene Gnade zeigen. Und wir haben noch viel mehr Beispiele!
6 Sucht den HERRN, während er sich finden lässt; ruft ihn an, während er nahe ist.
7 Der Gottlose verlasse seinen Weg und der Mann des Frevels seine Gedanken; und er kehre um zu dem HERRN, so wird er sich seiner erbarmen, und zu unserem Gott, denn er ist reich an Vergebung.
8 Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR.
9 Denn wie der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.
10 Denn wie der Regen und der Schnee vom Himmel herabfällt und nicht dahin zurückkehrt, wenn er nicht die Erde getränkt und befruchtet und sie hat sprossen lassen und dem Sämann Samen gegeben hat und Brot dem Essenden, 11 so wird mein Wort sein, das aus meinem Mund hervorgeht: Es wird nicht leer zu mir zurückkehren, sondern es wird ausrichten, was mir gefällt, und durchführen, wozu ich es gesandt habe.
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Ninive: Der Gottlose verlasse seinen Weg. Er kehre um zu dem HERRN.
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Israel: Der Gottlose verlasse seinen Weg. Er kehre um zu dem HERRN.
Zweitens Wenn das Gericht dann über Israel kommt und es unter die Nationen zerstreut wird: möchtet ihr in Städte voller Heiden kommen oder wollt ihr Leute vorfinden, die dem lebendigen Gott dienen? Ein bekehrtes Ninive ist also auch im Gericht ein Segen für Israel. Und wenn wir das noch weiter spinnen und aus noch höherer Perspektive betrachten:
Drittens Gott beruft Ninive als Schutzmacht, die über Israel wacht. Und auch die Nachfolgereiche Babylon, Griechenland und Rom hatten diesen Auftrag von Gott bekommen. Lest euch dazu die Schwarzbroteinheiten von Domi zu Daniel durch (Link). Aber wo sehen wir das hier im Text?
Und der HERR sprach: Ist es recht, dass du zürnst? (In Bezug auf Ninive)
Und Gott sprach zu Jona: Ist es recht, dass du wegen des Wunderbaumes zürnst?
Wir sehen hier einen Parallelismus rund um diese Frage Gottes aufgebaut
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Die erste Frage bezieht sich auf die Stadt / Ninive
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Die zweite Frage bezieht sich auf die Pflanze / den Wunderbaum
Es gibt noch eine weitere Verbindung zwischen Ninive und dem Wunderbaum: Die Pflanze wächst über Nacht. Ninive wird quasi über Nacht umgekrempelt von böse zu gut (plakativ). Über Nacht kehren sie von ihren bösen Wegen um.
Wir sehen hier die Pflanze als einen Typus der Stadt. Und der Israelit Jona ist dann offensichtlich ein Typus für Israel. Die Pflanze wächst und spendet Jona Schatten und schützt ihn so vor der brennenden Sonne. Hier sehen wir Jona auch das erste Mal voller Freude. Und so beruft oder entsendet Gott Ninive (=Assyrien) auch zum Schutz für Israel. Aber als die schützende Pflanze dann über Nacht verdorrt, ist Jona dem sengenden Ostwind schutzlos ausgeliefert. Und so ist Israel dem Zorngericht Gottes schutzlos ausgeliefert, wenn Ninive selber sich von Gott abwendet und damit auch die Berufung, Schutz für Israel zu sein, nicht mehr ausübt. Davon lesen wir dann zwei Bücher später in der Bibel, in Nahum: Dort geht es um das Gericht über Ninive, weil sie Gott verlassen haben.
Die Arche von Jona bis Paulus
Wir haben in Kapitel 1 und 2 das Thema Arche gesehen. Auch dazu tauchen hier in Kapitel 4 Anklänge auf. Ihr habt euch vielleicht auch schon über das seltsame und abrupte Ende von Jona gewundert. Gott erwidert Jona und das Buch endet dann mit:
und ich sollte mich über Ninive, die große Stadt, nicht erbarmen, in der mehr als 120.000 Menschen sind, die nicht zu unterscheiden wissen zwischen ihrer Rechten und ihrer Linken, und eine Menge Vieh?
Menschen und Tiere waren zusammen auf der Arche. Diese Verbindung hier, Menschen und Vieh, ist vielleicht auch nochmal eine Anspielung auf das Arche Thema. Ninive als Arche greift den Gedanken des Schutzes auch wieder auf.
Jona steigt in Kapitel 1 auf ein Schiff voller Heiden. In Kapitel 2 ist es ein großer Fisch, der ihn aus dem Meer rettet. Das sind beides Arche-Bilder für den Schutz Israels durch die Reiche der Nationen.
In den folgenden Jahrhunderten verliert Israel seine Unabhängigkeit und gewinnt sie nie wieder. Es geht Israel dabei nicht immer gut. Es gibt ziemliche Tiefen bzw. Stürme, die Israel durchschiffen muss. Aber immer wieder zeigen diese Mächte, wozu Gott sie bestellt hat:
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Nebukadnezzar bekehrt sich und lässt den wahren Gott im ganzen Reich ausrufen. Daniel wird unter ihm zum obersten Mann im Reich (wie Josef).
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Kores der Große lässt die Juden nach Jerusalem zurückkehren und den Tempel wieder aufbauen.
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Der persische König folgt nicht dem Amalekiter Haman sondern seiner jüdischen Frau Esther und rettet und verherrlicht die Juden.
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Es sind die Römer, die die junge christliche Gemeinschaft immer wieder vor den Übergriffen der Juden schützen. Gerade Paulus wird immer wieder von Rom geschützt.
Ich habe ja immer wieder Jona mit Paulus verglichen. Und auch bei dem Bild der Arche, dieses sicheren Schiffes, drängt sich der Paulus-Vergleich auf. Und zwar mit dem Bericht aus Apostelgeschichte 27. Paulus befindet sich dort auf der Reise nach Rom auf einem Schiff voller Heiden und vor allem einer römischen Einheit, doch das Schiff kentert vor einer Insel. Und Paulus beendet dann metaphorisch die Schifffahrt Israels.
Paulus sagt: »Jetzt müssen wir dieses Schiff verlassen. Folgt mir an das Land. Wer auf dem Schiff bleibt, wird untergehen.« Die Zeit der Arche-Nationen ist im 1. Jahrhundert vorbei. Nun beginnt die Zeit der Gemeinde des Christus. Und kurz danach wendet sich dieses letzte Reich gegen das Volk Gottes. Unter Nero kommt es zur ersten Christenverfolgung. Das letzte Reich verlässt den Pfad der Tugend. Die Christen, das Volk Gottes, muss dieses sinkende Schiff verlassen.
Zusammenfassung
Wir sehen in diesem Kapitel Jonas Zorn, weil er mit Gottes Plan hadert und das Gericht über Israel nicht eintreffen sehen will. Er teilt dieses Hadern mit Elia und Paulus. Und an uns richtet es die Frage: Wie gehen wir mit Gottes Plänen um, gerade dann, wenn sie nicht nach unserem Geschmack sind? Sind wir zornig wie Jona? Oder können wir uns vor Gott beugen und sagen: »Ja, Herr«?
Wir haben auch gesehen, dass Gott nicht von Jona ablässt. Er geht ihm nach. Er tritt in Kontakt mit ihm und sagt zu ihm: »Schütte dein Herz aus!« Auch das hat Jona mit Elia gemeinsam. Und auch wir dürfen in unserer Unvollkommenheit wissen: wir haben einen gnädigen Gott, der uns in allen unseren Fehlern nicht aufgibt und der sich um uns bemüht.
Wenn wir mit Gottes Plänen hadern, dann oft auch, weil wir nur einen viel zu kleinen Ausschnitt vom Gesamtbild sehen, weil wir ganz wesentliche Teile von Gottes Plan nicht erkennen. Das Gericht war gleichzeitig ein Segen für Israel. Es war gleichzeitig ein Ruf zur Umkehr. Wir verstehen Gottes Pläne sicherlich meistens nicht. Aber wir dürfen wissen: Gottes Wege sind lauter Güte.